Eine wirklich gute Frage. Lassen Sie doch, während Sie dies lesen, einfach mal ein Bild dazu entstehen. Was kommt als erstes?
Eventuell eine statuenartige, überlebensgroße männliche Figur, aufrecht stehend, den stahlblauen Blick fest auf den Horizont gerichtet, bedeutungsschwere asymmetrische Gestik? Sowas? Bei mir war das so.
Diese Statue wirkt unspezifisch beeindruckend, aber, je länger man hinguckt, auch desto eigenartiger, geradezu ein bisschen lächerlich und zunehmend bedauernswert, denn: ...
Führung braucht zwei
Wo ist die andere Hälfte? Wo sind die Geführten? Ohne Geführte gibt es keinen Führenden. Die Vorstellung, dass diese überlebensgroße Figur mutterseelenallein in der Gegend steht, und keiner guckt, ist ja zutiefst tragikomisch. Unsere Irrenhäuser, wir wissen es, sind voller verkannter Mussolinis. Wir beginnen zu begreifen: Führung braucht mindestens zwei. Einen der führt und einen der folgt. Und das heißt, messerscharf geschlossen:
Führung ist eine Beziehung
Führung ist eine Beziehung. Zwischen mindestens zwei Leuten, von denen der eine führt und der andere folgt. Beides braucht einander und ist ohne einander nicht denkbar. Führung ist nicht etwas, was einer hat, sondern etwas, was zwischen Leuten passiert. Eine Beziehung eben, und zwar eine sehr interessante: Was sie so interessant macht, ist unter anderem die Frage: Wer ist der Mächtigere in dieser Beziehung? Der erste Gedanke ist hier natürlich: klar, der Führende, der kann ja anweisen und sanktionieren und zwingen und alles. Aber auch hier erschließt sich, je länger man dieser Frage nachgeht, Überraschendes:
Wer ist mächtiger?
Führung im engeren Sinne ergibt sich nicht so sehr aus der Anzahl der Zwangsmittel, die man zur Verfügung hat. Die helfen kurzfristig, natürlich. Sie sind aber auch sehr aufwendig und sehr anstrengend und erfordern allzeit und überall die misstrauischste Aufmerksamkeit – und machen einen letztlich paranoid, und irgendwann endet man bei lebendigem Leibe verbrennend in einem Straßengraben. Die Weltgeschichte ist voller lebender und toter Beispiele für paranoide Despoten. (Ausführliches dazu im Dicken Buch)
Führung ist Einfluss
Führung im engen und wirklichen Sinne ist nicht Zwangsausübung, sondern Einfluss. Einfluss nimmt man, wenn der andere einem in der Bewertung dessen folgt, was Bedeutung hat. Der Einfluss, der als Netto übrigbleibt, wenn man alle hierarchische Verfügungsgewalt herausrechnet. Die Erlaubnis, sich beeinflussen zu lassen, gibt allerdings die geführte Person der Führenden, und nicht etwa umgekehrt.
Die Tür zum Einfluss öffnen oder schließen
Das macht letztlich die geführte Partei mächtiger als die führende. Zum Teil ist das deswegen so, weil der Geführten in aller Regel mehr sind als der Führenden. Schließlich kommt es ganz schlimm wird, billiger, die Führer zu entlassen statt alle Folgenden. Zum anderen Teil ist es so, weil die folgende Person die Erlaubnis, sich beeinflussen, ständig auch unangekündigt widerrufen kann – ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Das passiert, wenn Respekt und/oder Vertrauen bei der geführten Partei verloren gehen. Wenn all das nicht so wäre, wenn letztlich also die vielen Geführten nicht die Mächtigeren wären, dann würde es ja vollkommen unmöglich, dass sich zum Beispiel ein Volk von seinem Despoten verabschiedet.
Wenn man also andere beeinflussen möchte, ob nun in einer formellen Führungsrolle oder nicht, ist es immer eine gute Idee sich zu fragen, wie man Respekt und Vertrauen der anderen erringen kann - und woran man gegebenenfalls merkt, wenn das nicht gelingt oder man aus irgendwelchen Gründen eins oder beides verliert.
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Weiteres zu diesen faszinierenden Fragen ein nächstes Mal…