Jeder transformative Veränderungsprozess findet seinen einstweiligen Abschluss auf der Beziehungsebene mit den Leuten, die von uns und von denen wir abhängig sind: in der öffentlichen Arena des Systems, dessen stimmberechtigte Mitglieder wir alle gemeinsam sind. Hier heißt es ‚bestehen oder vergehen‘ – und wir sind wieder allein: der oder die Coach hat ihren Job getan …

Die öffentliche Arena

Die Atmosphäre in der öffentlichen Arena ist um einige Grade kühler als die Temperatur in den privaten Sphären. Manchmal sogar eisig. Das hat natürlich damit zu tun, dass hier die Rollen über die Personen dominieren, die Interessen über die Bedürfnisse, die unpersönlichen Konkurrenz-, Abhängigkeits- und Rangbeziehungen über die persönlichen. Trotzdem sind wir natürlich auch als Personen da, mit unseren sehr persönlichen Sinnesorganen, die uns eben genau das sagen: dass es bemerkenswert kühl ist – oder manchmal auch bemerkenswert verschwitzt.

Und: wir sind als Personen im Allgemeinen hochidentifiziert mit unserer Rolle. Wenn jemand also in der öffentlichen Arena Kritik übt an dem, was wir in unserer Rolle tun oder sagen, neigen wir dazu, das persönlich zu nehmen – eben, weil wir als Personen ja in aller Regel versuchen unser Bestes zu tun, um unsere Rolle zumindest einigermaßen ordentlich zu spielen. In den öffentlichen Arenen repräsentativer Systeme ist das Klima tendenziell noch kälter und unpersönlicher als in nicht-repräsentativen.

Das alles ist nicht sehr gemütlich, für niemanden. Eigentlich ist es Stress pur, schon unter normalen Umständen. Bedenkt man dann noch, dass in der öffentlichen Arena alles, auch die kleinste körpersprachliche Kleinigkeit, von allen bezeugt und gegebenenfalls gegen einen verwendet wird, ist sehr verständlich, dass es für die allermeisten Menschen schon einer Art Heldenreise bedarf, sich dieser Situation überhaupt auszusetzen. Noch viel riskanter ist es, das zu tun, wenn man/frau so unerfahren, aufgeregt und verletzlich ist, wie man/frau es an Grenze 5 des transformativen Langzeit-Prozesses nun mal ist. Und wenn man damit rechnen muss, dass man, weil die anderen kollektiv an Grenze 4 sind (also auch unter Stress), mit Grenzsignalen zu rechnen hat, die mindestens Abzeichen einer sich anbahnenden Verratsdynamik sind – mit allem Potenzial zur nächsten Runde auf dem karmischen Täter-Opfer-Karussell. Wenn man/frau nicht ohnehin ohne alle Umschweife als Verräter oder Verräterin genauso benannt und bloßgestellt wird, als Agent oder Agentin des Fremden und Feindseligen. Wie könnte einen so etwas nicht zutiefst persönlich treffen?

Das Männliche und das Frauliche in der öffentlichen Arena

Es gibt noch einen weiteren Aspekt des Themas ‚Rolle und Person in der öffentlichen Arena‘, den wir hier nicht unerwähnt lassen dürfen, schon gar nicht im Kontext transformativer Veränderungsprozesse: Öffentlichkeit bedeutet etwas qualitativ anderes, je nachdem, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Der öffentliche Raum ist in unserer Kultur seit Jahrtausenden die Domäne des Mannes, sein ureigenes Jagdrevier. Noch vor gut 200 Jahren (als Schiller schreiben konnte: „der Mann muss hinaus ins feindliche Leben“ bzw. „und drinnen waltet die züchtige [sic!] Hausfrau“) war die Sache ganz klar: der öffentliche Raum als Ort der Freiheit für den Mann, als Ort der Schande für die Frau (R. Sennett). Seitdem hat sich manches bewegt, gottseidank, aber dieses kulturelle Erbe steckt uns allen immer noch in den Knochen. Vergegenwärtigen wir uns die stillen Regeln und Gebote für das Verhalten in der öffentlichen Arena unseres Kulturkreises:

 Sei konsistent und professionell! Sprich sachlich, eindeutig und ergebnisorientiert!
Zeig dich offensiv, schlagkräftig und unangreifbar!
Spiel deine formelle Rolle perfekt! Verhalte dich sportlich und objektiv!
Sei perfekt! Komm nicht mit irgendetwas, das du nicht zu Ende gedacht hast (‚Hausaufgaben‘)!
Zeige dich nicht als gefühlig, schwach und verletzlich!

Alles Hochstatus-Signale. Man sieht es schon an den vielen Ausrufezeichen: alles Dinge, die viel mehr das männliche Stereotyp ansprechen als das frauliche. Diesen Regeln zu entsprechen ist das Ticket für die Teilnahme in der öffentlichen Arena. Ihnen nicht zu entsprechen, ihnen nicht zu ‚genügen‘ oder sie gar zu verletzen (!), heißt, sich mindestens der Abwertung und Lächerlichkeit, schlimmer: der Verachtung, schlimmstenfalls: der Verbannung auszusetzen. Es liegt auf der Hand, auch in der sehr gegenwärtigen Gegenwart des 21. Jahrhunderts noch, dass diese Kultur der öffentlichen Arena für Männer und Frauen (und für das Männliche und Frauliche im jeweils anderen Geschlecht) jeweils sehr andere Herausforderungen beinhaltet (für Angehörige der LGBTQ-Minderheiten multiplizieren sich diese Herausforderungen natürlich noch mit sich selbst).

Wie selbstgewiss, stark und unangreifbar muss (oder darf) ich mich zeigen?
Wie nachdenklich, gefühlvoll und verletzlich darf (oder muss) ich mich zeigen?
Wie perfekt muss (oder darf) ich alles zu Ende gedacht haben?
Wie persönlich darf (oder muss) ich sprechen?
Wieviel Rolle muss, wie viel Person darf sein? Oder auch, für beide Geschlechter und alle Variationen zwischen ihnen: wie viel Männliches, wie viel Frauliches darf sein?

Für uns in der Rolle als transformative Coaches bedeutet das: wir sind aufgerufen, unser*e Coachee so gut wie möglich mental vorzubereiten. In der prospektiven Arbeit an Grenze 5. Martial Arts

 

Dies alles und noch viel mehr steht natürlich Transformatives Coaching.
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