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Im ersten Teil dieses Beitrages hatte ich diese Frage so beantwortet: eine gute Führungskraft zeichnet sich dadurch aus, dass sie gute Führungsbeziehungen herstellt und aufrecht erhält. Weil Führungsbeziehungen eben Beziehungen sind, gelten für sie viele Merkmale, die für alle guten Beziehungen gelten. In Teil 1 habe ich einige beschrieben: Sich interessieren. Sich unterstützen. Sich verlassen können. In Teil 2 will ich nun weitere zwei ergänzen...

Geben und Nehmen

Dies ist wahrscheinlich die Goldwaage aller Beziehungen, egal in welchem Rollenkontext: wir müssen die Bilanz ziehen, dass das, was wir hineingeben, in einem fairen Verhältnis steht zu dem, was wir an Nutzen für uns herausziehen. Nicht unbedingt zu jedem Zeitpunkt, aber über die Zeit hinweg jedenfalls. Das klingt vielleicht unromantisch und irgendwie merkantil, aber so ist das Leben eben auch, und aus guten Gründen. Ich persönlich habe jedenfalls noch keine Beziehung gehabt oder bezeugt, die ein gutes Ende genommen hätte, wenn diese Balance auf Dauer nicht stimmte.

Wenn Sie zum Beispiel als vorgesetzte Person eines ganz offenbar müßigen Mitarbeiters immer und immer wieder Zeit und Gespräche und Fortbildungsmaßnahmen mit bescheidenem Erfolg darauf verschwenden, diesen Menschen zur Erledigung seiner Aufgaben zu motivieren, werden Sie irgendwann merken, dass Sie sich wie verhohnepipelt vorkommen. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass in Ihrer wie auch immer gut gemeinten Beziehungsaufnahme zu dieser Person etwas ganz gewaltig nicht stimmt, weil das Geben und Nehmen nicht stimmt: Sie legen sich ins Zeug, er nicht, und das ist auf Dauer nicht OK.

Andersherum, und wahrscheinlich sogar häufiger als der erste Fall, ist es so, dass Ihr Cheffe es völlig selbstverständlich findet, dass Sie ihm helfen erfolgreich zu sein: mitten in der Nacht noch Präsentationen für den nächsten Morgen, Erreichbarkeit und Strammstehen 24/7, unbedingte Loyalität mit ihm in der Kommunikation von allem möglichen Blödsinn nach unten und nach außen. Und Sie kriegen keine Anerkennung, nur Gemecker, und nicht die Unterstützung, die Sie brauchen, um Ihre Arbeit zu tun: ressourcenfreies Empowerment auf Kosten Ihres Nachtschlafes. Auch hier merken Sie, dass in der Beziehung mit Ihrem Chef, was das Geben und Nehmen angeht, etwas exorbitant nicht stimmt. Ihr Bossmerkt davon nichts.

Die Herausforderung, wenn das Geben und Nehmen aus dem Gleichgewicht sind, ist:

Bescheid sagen, wenn irgendwas nicht stimmt

Die Frage erhebt sich: wer gibt den Anstoß? Natürlich würden wir immer gerne vom anderen erwarten, dass er es täte: dass der müßige Mitarbeiter durch Coaching zur Einsicht kommt, dass der Chef kraft seiner Verantwortung einen Sinn dafür hätte, was er Ihnen abverlangt. Die verdammte Tatsache ist nur: die merken eben nichts. Oder sie sind schon derart zu Komplizen ihrer Privilegien geworden, dass sie nichts merken wollen, nichts merken dürfen. Die Antwort auf die Frage kann also nur sein:

Der Anstoß dazu, das Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen in einer Beziehung zum Thema zu machen, muss immer von der Partei kommen, die als Person mehr darunter leidet. Leider. Sonst kommt er gar nicht.

Das kostet unter Umständen viel Mut. Und es kommt uns irgendwie ungerecht vor, und wir mögen darüber klagen. Aber das ist letztlich eine zu bequeme und oberflächliche Sichtweise. In einem tieferen Sinne bekommen wir nämlich eine Gelegenheit beschert (und der andere eben nicht), an einer Stelle persönlich zu wachsen, an der es zwar wehtut, an der es riskant wird und an der wir über uns hinauswachsen müssen. Deswegen verzagen hier viele von uns und verstummen und kündigen innerlich die Beziehung – und das heißt, keinen wirklichen Einfluss mehr zulassen. Aber heimlich, und während man sich weiter bemüht, so zu tun als sei nichts. Mit allen unglückseligen Folgen, die das dann hat.

Aber: ist dies nicht genau die Stelle, an der das Leben wieder beginnt, aufregend zu sein und Spaß zu machen? Wenn wir es nämlich hinbringen, wenn wir uns ein Herz fassen und unseren Chef um ein Gespräch bitten und ihm sagen, dass etwas nicht stimmt im Staate Schmidt, dann landen wir eventuell – wenn wir vorbereitet und entschlossen und vielleicht auch verzweifelt genug sind – nicht nur einen persönlichen Erfolg, der uns als Referenzerlebnis in vielen anderen Situationen neues Selbstvertrauen und neue Wahlmöglichkeiten verschafft.

 

Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, was eine gute Führungsbeziehung auszeichnet:
es steht in Tough Love.

Hier, hier, über Ihre lokale Buchhaltung oder am besten direkt bei uns im Wandelforum können Sie es online beziehen.

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  • Coaching (15)

    Vom Ist zum Soll. Von den Zielen zu Maßnahmen. Vom Problem zur Lösung.(...)

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  • Beziehungen (21)

    (...) die globalisierte Matrix von Interdependenz und Konkurrenz betrachtet, und wie diese uns als ‚Global Citizens‘ herausfordert: Wozu sind wir aufgerufen? Diesmal geht es um das Verhältnis von Geben und Nehmen.

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    die heiligen kueheDie heiligen Kühe und die Wölfe des Wandels
    Tough Love Führen ist Beziehungsarbeit. Ständig.

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    (...) spezifische Verhältnisse von Abhängigkeit und Konkurrenz (...) Anspruch auf Führung (...) Konfliktlösungstemplates

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