breaking news from the edge

Wir werfen einen Stein ins Wasser, und die Wellen dieser Handlung schlagen an unserem heimatlichen Ufer wieder auf: Grenze 1‘. Im Kern ist sie die Grenze gegen die Verantwortung. Erst hier beginnen sich das Versprechen und der Auftrag des transformativen Coachings wirklich zu erfüllen …

Wie bewirke ich, was ich beklage?

Das ist jetzt sozusagen Transformation für Fortgeschrittene. Meisterklasse eben. Hierzu ein bisschen tiefenpsychologische Vertiefung (was sollte man auch sonst von der Tiefenpsychologie erwarten?):

Das dominante Gefühl (die emotionale Pforte zur Bedeutung) der Opfererfahrung ist Ohnmacht. Die emotionale Pforte zur Bedeutung aus der Täter-Perspektive heißt Schuld. Aus transformations-ästhetischer Perspektive sind beide unersetzliche Polaritäten der Grunderfahrung, ein Mensch zu sein. Ohne sie gäbe es keine Kunst, keine Moral, keine Gesetzgebung, und also kein kollektives Bewusstsein, denn beide Erfahrungen rufen dazu auf, mit anderen geteilt zu werden. Aus psychologischer Perspektive ist keine dieser Erfahrungen, so gegensätzlich und so unabdingbar sie auch sind, wirklich gut zu ertragen – weder das Ausgeliefertsein noch die Allmächtigkeit. Deshalb neigen wir dazu, beide im Zustand unserer Alltagstrance zu negieren, solange es irgendwie geht, denn wir schämen uns für das eine wie das andere. Nichts für ungut!

Zeitliche und örtliche Verzögerung

Erschwerend dazu kommt an der Grenze gegen die Verantwortung noch dieser wahrhaft universelle Umstand: nicht jedes Feedback, das uns die (menschliche und natürliche) Umwelt auf unser Wirken gibt, erfolgt sofort. Tatsächlich sind es nur sehr wenige Rückwirkungen, die uns sofort erreichen. Wenn wir auf die heiße Herdplatte greifen, werden wir direkt bestraft. Ebenso, wenn wir vor dem Überqueren der Straße nicht erst links und rechts geguckt haben (oder auch erst rechts, dann links, wenn wir nämlich zum Beispiel zufällig mal im Vereinigten Königreich, in Zimbabwe oder in Japan an der Kreuzung stehen) und dann von einem motorisierten und ortsvertrauten, aber interkulturell ungebildeten Verkehrsteilnehmer in Alltagstrance umgemäht werden. Wir rutschen aus, wir stolpern, wir fallen hin. Wir gestehen unserer schon lange Angebeteten unsere Liebe, wir werden abgelehnt, das war’s. Wie gesagt: nur selten kommt das Leben so direkt auf uns zurück. In den allermeisten Fällen dauert es länger, bis wir mit den Konsequenzen unseres Tuns konfrontiert werden. Es können Wochen, Monate, Jahre, und bei kollektiven Prozessen Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte vergehen, bevor die rückgestauten Fluten, die durch das eigene Handeln ausgelöst wurden, die heimatlichen Küsten wieder erreichen. Dieser Umstand, der wirklich und ganz buchstäblich universumsweit Gültigkeit hat, macht es realistischerweise anspruchsvoller (aber keineswegs unmöglich), die eigene Urheberschaft anzuerkennen. Dasselbe gilt, wenn die Auswirkungen des eigenen Handels nicht nur mit zeitlicher Verzögerung, sondern auch in örtlicher Entfernung aufschlagen. Kein Mensch kommt auf die Idee, was er oder sie anrichtet, wenn er oder sie im Schnäppchenfieber beim örtlichen Discounter 12 T-Shirts für 2 Euro Fuffzig kauft, bevor sie oder er zur Kenntnis nehmen muss, dass in Bangladesch Hunderte Menschen (meist Frauen) beim Brand einer Produktionsstätte umkamen, in der sie unter grauenerregenden Arbeitsbedingungen diese T-Shirts im Auftrag der Discounter-Kette fertigen mussten, bei deren ‚Outlet‘ man ‚vor Ort‘ seine sensationellen Schnäppchen landet. Bis dahin vergehen in den meisten Fällen schon mal Jahre. Die Nachricht über den Kataklysmus (Grenze 2) muss dann erstmal ihren Weg in eines der örtlich verfügbaren Nachrichtenmedien finden, auf dem sie oft noch mehrfach sprachlich vergewaltigt wird.

Und der Souverän auf der Couch muss im richtigen Augenblick ‚online‘ sein, und nicht momentan mit anderen Dingen beschäftigt (wie den Lottozahlen oder den Bundesligaergebnissen), damit die Information überhaupt sein Ohr, sein Gehirn und endlich sein Herz erreicht und ihn oder sie aus seinem seligen Ich bin klein, mein Herz ist rein-Schlummer wachküsst. Und dann dauert es wiederum ewig, bis die Nachricht die Informations-Bedeutungs-Ochsentour durch die repräsentativen Gremien bis in die öffentliche Arena bewältigt hat, in der über eine identitätsnahe kollektive Antwort entschieden wird, die aber aus ‚politischen‘ Gründen vielleicht erstmal bis in die nächste Legislaturperiode vertagt wird …

Dasselbe Muster zeitlicher und örtlicher Entfernung findet sich natürlich in einer Vielzahl anderer Rückwirkungen auf den oder die Handelnden: von langfristigen gesundheitsschädlichen Rückwirkungen schlechter Angewohnheiten (muss ich anschaulicher werden?), über das lauter werdende Klopfen der Flüchtlingskolonnen an den Gartenpforten des privilegierten Auenlandes, bis hin zu der widerstrebenden Anerkenntnis, dass es kein gutes Zeichen ist, wenn in den letzten Jahren immer weniger tote Insekten die Windschutzscheibe unseres Autos verkleistern. Oder – ganz aktuell, während ich dies schreibe – wenn Horden von hungrigen Eisbären in menschliche Siedlungen auf russischen Inseln im Polarmeer eindringen. Erstmal ignorieren, dann beklagen und schließlich bekämpfen, was wir bewirken: Grenze 1‘.

Die Frage bleibt: wie arbeite ich als transformativer Coach so geschmack- wie wirkungsvoll mit den zeitverzögerten Rückwirkungen der Lebensentscheidungen meines Coachees? Vor allem, wenn mein 'Coachee' keine Einzelperson ist. Bald mehr dazu …

 

Das alles und noch viel mehr steht natürlich in ‚Transformatives Coaching‘.

Hier, hier, über Ihre lokale Buchhandlung oder direkt bei uns im Wandelforum können Sie es online beziehen.

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