Im ersten Teil dieser kurzen Blogreihe ging es um Kooperation vs. Konkurrenz, im zweiten dann um Rang und Status, im dritten um Täter und Opfer. Heute, im vierten und letzten, will ich das Männliche und das Weibliche in Bezug auf die Orte untersuchen, in denen wir zusammenkommen, um zu besprechen, was wichtig ist:
Öffentliche Räume
Die öffentlichen Arenen unserer Kultur, wie wahrscheinlich die der meisten anderen, sind traditionell Männervereine. Ich zitiere ständig die Aufklärung, die mythologische Wurzel unserer abendländischen Überzeugungen. Aber die Aufklärer, die unsere ersten öffentlichen Räume schufen, taten sehr viel dafür, die Frauen daraus zu entfernen, die nämlich gerade begonnen hatten sich in ihnen zu tummeln. Auch für Aufklärer wie Friedrich Schiller waltete die Frau im trauten Heim, während der Mann hinaus musste ins feindliche Leben, seine eigentlichen Jagdgründe.
Frauen begannen eigentlich erst wieder Ende des neunzehnten Jahrhunderts damit, die von ihren Männern usurpierten öffentlichen Räume zu entern. Frauen wie Harriet Tubman und Mother Jones, Rosa Luxemburg und Emma Goldman, die Suffragetten und viele andere. Seitdem beherrscht dieser Prozess die Weltgeschichte mehr als irgendein anderes Leitmotiv – auch der arabische Frühling und alle ihm noch folgenden Frühlinge sind davon geprägt.
Für eine Frau ist allerdings die Herausforderung, sich in der öffentlichen Arena zu zeigen, eine andere als für einen Mann. Schließlich herrschen dort in stiller Übereinkunft gewisse ungeschriebene Regeln, deren Autoren zwar niemand mehr kennt, die aber sicher zwischen Männern vereinbart wurden und für sie auch stimmig sind: Sachlichkeit, Inhaltsfokussierung, Lösungsorientierung, Abwesenheit von Gefühlen, Tabus gegen Beziehungen jeglicher Art. Körpersignale, Träume, nie gehört. Abgesehen mal von Angst und Panik in Bezug auf den möglichen Verlust der selbstverständlichen Führung, nein, Despotie über das andere Geschlecht – wie in vielen ‚sich entwickelnden‘ Gegenden unserer Welt.
Wenn man/frau in dieser Arena bestehen will, muss man/frau die Klaviatur dieser Öffentlichkeit beherrschen/befrauschen, und darin haben Männer und Frauen eben sehr andere Ausgangspositionen. Jahrtausende unbedrohter Dominanz im Rücken, hat ein Mann es viel leichter, Überlegenheit, Arroganz und Unberührbarkeit nach allen Seiten vermittels Hochstatus-Cruise Missiles abzufeuern. Dafür erntet man sogar Ohs und Ahs von allen diesen Seiten. Als Frau darf frau auf keinen Fall zu gefühlig oder empfindsam oder einfühlend oder gar verletzlich erscheinen; das ergibt zu viele Niedrigstatus-Signale und wird als Schwäche ausgelegt. Frau muss also den männlichen Kommunikationsstil beherrschen, ohne ihn vollständig zu kopieren, das geht auch wieder nicht. Ein echter Hochseilakt.
Im Mittelpunkt von Tough Love steht das Beziehungs-Paradigma. Wenn man/frau also die Dame oder der Herr einer öffentlichen Arena ist, ist man/frau aufgerufen, eine Kultur der Öffentlichkeit zu schaffen, die nicht nur die zehnmillionste Wiederholung der so verstaubten wie zählebigen Rituale eines kaukasischen Altherrenclubs ist, sondern eine Antwort auf die epochalen Herausforderungen einer global interdependenten und sich wandelnden Welt. Diese Antwort braucht männliche und weibliche Prinzipien in gleichrangiger Repräsentation, von Mitgliedern beider Geschlechter.
Tough Love besteht auch in der Fähigkeit, eine Kultur der Öffentlichkeit zu schaffen, in der es erwünscht und üblich ist, ‚live‘ mit Beziehungen zu arbeiten.
Mit Rollenbeziehungen, nicht mit privaten oder intimen natürlich. Die Vorannahmen, die hier helfen, sind:
Niemand von uns ist perfekt. Wir sind miteinander verbunden und brauchen einander und kämen ohne einander auf Dauer leider nicht zurecht. Alles Sachliche wird sehr viel leichter, wenn wir auf der Beziehungsebene Klarheit geschaffen haben.
Tough Love übernimmt hierin die Initiative und die Verantwortung, denn besser können wir unsere Intelligenz und unser Engagement nicht investieren. Die Männer müssen dafür anerkennen, dass in unseren Beziehungen tatsächlich die Musik spielt, und die Frauen müssen diese Einladung annehmen und ihre Hälfte des menschlichen Universums selbstbewusst repräsentieren. Beide können wir davon ausgehen, dass bis zu 49% von uns andersgeschlechtlich sind. Beide stehen wir vor der nur gemeinsam zu bewältigenden Herausforderung, das zu transformieren, was wir öffentlich miteinander verhandeln. Und wenn wir nicht weiter wissen, können wir doch die andere Hälfte fragen! Die hat auf jeden Fall Informationen, die wir nicht haben.
Das alles und noch viel mehr steht natürlich auch in Tough Love.
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