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Schon länger ist dieses Thema akut. Unter den Vorzeichen der gegenwärtigen Covid19-Pandemie aber – wie diese zu bewältigen ist, und wie wir in dem Prozess möglicherweise eine bessere Welt erschaffen können – gewinnt es eine geradezu brennende Aktualität. Welche Führungsqualitäten braucht es in diesen Zeiten? 

Tatsache ist: Nationen, die von Frauen geführt werden, sind bislang durchweg besser durch die Krise gekommen als solche unter männlicher Herrschaft, und insbesondere als solche, die von selbstherrlichen Autokraten beherrscht werden. Muss ich Namen nennen? Vielleicht ja: Tsai Ing-wen (Taiwan), Jacinda Ardern (Neuseeland), Angela Merkel (Deutschland), Mette Frederiksen (Dänemark), Sanna Marin (Finnland) vs. Boris Johnson (UK), Donald Trump (US), Jair Bolsonaro (Brasilien), Scott Morrison (Australien), Lopez Obrador (Mexiko). Zum Beispiel. Putin erwähne ich erst gar nicht. Er weiß schon, warum.

Deswegen also jetzt in dieser kurzen Reihe, als Zugabe aus aktuellem Anlass, meine in Tough Love (Erscheinungsjahr 2015, unvermindert aktuell) ausgebreiteten Nachdenklichkeiten zu den spezifisch männlichen und fraulichen Qualitäten in der Führung. Spoiler Alert: es braucht beide …

Kooperation und Konkurrenz

Zusammenarbeit, die sich auf gegenseitige Abhängigkeit gründet, und aus dem Wettbewerb um Ressourcen und Leistung gespeiste Konkurrenz sind, wie wir bereits wissen, einige der wichtigsten personenübergreifenden Beziehungsmuster – in Organisationen wie generell im Überlebenskampf. Sie haben daher auch gewisse geschlechtsspezifische Konnotationen.

Beginnen wir mit der Abhängigkeit. Wenige Frauen hätten ein Problem damit anzuerkennen, dass sie von anderen abhängig sind. Das ist frau eben auch einfach, wenn frau (archetypisch) dafür zuständig ist, die Kinder hochzuziehen. Dafür braucht es Sicherheit und Schutz und Versorgung mit dem Nötigsten. Die Atmosphäre und der Kommunikationsstil in Gruppen von Frauen sind meist bestimmt von einem Geist gegenseitiger schwesterlicher Unterstützung und Hilfsbereitschaft. Nicht, dass es da keine Konkurrenz gibt. Die gibt es natürlich. Aber sie ist hintergründiger, und sich ihr öffentlich zu stellen ist sehr schwierig.

Für uns Männer ist es eher umgekehrt; wie sollte es auch anders sein. Unsere Unabhängigkeit ist uns archetypisch nahezu heilig. Uns zuzugestehen, dass wir von irgendjemand abhängig sind, egal von wem – und wenn es die Frau ist, die wir lieben – ist schon fast eine Kapitulation. Unsere Unabhängigkeit ist eine Quelle unserer Stärke, und die ist natürlich auch sehr attraktiv für die Frauen. In Gruppen von Männern herrschen denn auch oft eine Atmosphäre und ein Kommunikationsstil von sportlicher Konkurrenz. Damit wachsen wir schon als Knaben auf, dem sind wir gewohnt und bereit uns zu stellen, das entspricht unserem Lebensgefühl, und unser fairer Wettbewerb um Zugang zu den attraktivsten Frauen ist die große Arena männlichen Daseins. Das alles heißt natürlich nicht, dass wir nicht abhängig von anderen sind, aber das kommt uns nur sehr schwer über die Lippen. Höchstens anerkennen wir, dass wir ‚alle im selben Boot sitzen‘. Das klingt nicht so nach Abhängigkeit, sondern wir sitzen eben Schulter an Schulter wie ein Mann, kraftvoll rhythmisch rudernd. Außer dem Taktgeber, der eben den Takt schlägt.

Das klingt gewiss alles sehr archaisch und ist es ja auch. Aber es ist eben auch noch sehr lebendig – und wird es mit Sicherheit bleiben, solange es zwei Geschlechter gibt. Es ist im Allgemeinen nicht lebensklug, das zu leugnen. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass es in der alltäglichen Zusammenarbeit oft so spürbar einfacher und fruchtbarer ist, wenn man mit jemand kooperiert, mit dem man/frau nicht im Wettbewerb steht? Ich glaube, die schönsten und, nochmal gesagt, fruchtbarsten Perioden in den Kooperationen meines Berufslebens waren solche. Meistens waren das Zusammenarbeiten mit Frauen. In meinen Arbeitsbeziehungen mit Männern gab es immer ein Moment von Konkurrenz. In Arbeitsbeziehungen zwischen Frauen ist das wahrscheinlich auch so, wenn auch möglicherweise subliminaler. Die kosmische Schaukel von Männern und Frauen ist aber genialerweise so besetzt, dass die Geschlechter sich gegenseitig brauchen und ergänzen und aber eben nicht miteinander konkurrieren.

Von daher bieten männlich-weibliche Führungsbeziehungen, egal unter welchen Rangverhältnissen, Möglichkeiten gegenseitiger Unterstützung und ergebnisorientierter Zusammen-arbeit, die alle anderen Konstellationen nicht ohne weiteres unterstützen. Da kann man gemeinsam sehr stark sein. Man kennt das natürlich – nicht nur, aber überwiegend – aus Beziehungen, in denen der männliche Part sozial höherrangig ist als der frauliche. Legende ist unter anderem die Beziehung von Helmut Kohl mit Juliane Weber, seiner engsten Vertrauten. Der Einfluss, den hierarchisch niedrigrangige Frauen (also Sekretärinnen und Assistentinnen) über höchstrangige Männer in diesen Konstellationen ausüben können, ist dann zum Teil viel höher als der aller anderen Mitspieler beider Geschlechter. Ich will hier für solche Verhältnisse überhaupt keine Werbung machen, es sind einfach Tatsachen des Lebens, die es gut ist in Augenschein zu nehmen.

Festhalten möchte ich jedenfalls, dass Frauen und Männer sich tendenziell und archetypisch deutlich unterscheiden im Umgang mit Abhängigkeit und Konkurrenz. Das hat markante und weitreichende Folgen für die jeweilige Art der Beziehungsaufnahme: sowohl aus der Perspektive, dass Sie geführt werden, als auch aus der, das Sie führen. Wenn man diese Frage mal einen Augenblick befreit von ihren geschlechtsstereotypen Zuordnungen, dann heißt das:

Schau immer genau hin, welchen Stil die andere Person hat, mit Abhängigkeit und Wettbewerb in ihren Beziehungsaufnahmen umzugehen.

Ich empfehle für weitere Informationen zum Thema unter anderem diese seriösen Quellen:

Harvard Business Review oder The Guardian.

 

All dies und noch viel mehr steht natürlich auch in Tough Love.

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In Teil 2 dieser Blogreihe geht es weiter …

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    (...) die globalisierte Matrix von Interdependenz und Konkurrenz betrachtet, und wie diese uns als ‚Global Citizens‘ herausfordert: Wozu sind wir aufgerufen? Diesmal geht es um das Verhältnis von Geben und Nehmen.

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    die heiligen kueheDie heiligen Kühe und die Wölfe des Wandels
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    (...) spezifische Verhältnisse von Abhängigkeit und Konkurrenz (...) Anspruch auf Führung (...) Konfliktlösungstemplates

  • Kollektive Intelligenz (10)

    (...) das Konzept der kollektiven Intelligenz (...) welche Aufgaben und Herausforderungen sich für die Führung in Organisationen ergeben

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