breaking news from the edge

Nachdem ich in den ersten beiden Teilen dieser Reihe die männlichen und fraulichen Perspektiven auf Tough Love angeschaut habe im Lichte von Kooperation und Konkurrenz bzw. Rang und Status, möchte ich mich diesmal dem vielleicht saftigsten Aspekt dieses Themas widmen ...

Täter und Opfer: Sexismus

In einer Beziehung, in der das eine Geschlecht das eindringende und das andere das emp­fangende ist, biologisch wie psychologisch, ist natürlich vollkommen klar, wie die Rollenver­teilung von Täter und Opfer sich konstelliert. Die Männer sind die Täter und die Frauen die Opfer. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Dinge in Wirklichkeit nicht ganz so holzschnittartig sind („halb zog sie ihn, halb sank er hin …“), und dass Frauen gottseidank nun wirklich nicht harmlos sind, führt in der Summe doch kein Weg herum um diese Fest­stellung. In all den vielen Teilen unserer Welt, die sich nicht schon dreihundert Jahre lang in Aufklärung und Menschenrechten üben, ist dies Woche für Woche in allen Nachrichten nachprüfbar. In einer neueren Umfrage unter Männern im asiatisch-pazifischen Raum gaben ein Viertel aller Männer anonym zu, ihre und/oder fremde Frauen schon vergewaltigt zu haben. Jeder Vierte. Und die wenigsten von ihnen waren jemals belangt worden. Diese kriminelle Sensation ist aber nur die Spitze eines transkulturellen Eisgebirges, dessen nicht ganz so himmelschreiende Auswirkungen sich in allen Situationen und Bereichen des priva­ten und öffentlichen Lebens äußern – und sicher nicht nur in südostasiatischen Kulturen, sondern in weiten Teilen der Welt. Gerade in jüngster Zeit haben wir das wieder bezeugen müssen ... 

Selbst in unseren aufgeklärten westlichen Organisationskulturen behaupten sich äußerst vitale Reste dieser männlich-fraulichen Täter-Opfer-Polarität. Vor einigen Monaten hörte ich von einem Manager, der sich (unter Männern) rundweg weigerte, sich nächstens von einer Frau führen zu lassen. Er kam damit durch, die Frau wurde nicht eingestellt. Eine weitere sexistische Perle: eine Frau berichtete mir davon, dass die regelmäßigen Events zur Förderung des Frauen-Netzwerks in ihrem internationalen Unternehmen von ihren männlichen Kollegen spöttisch als „Les­ben-Treffen“ betitelt wurden.

Wenn frau in einer derartig männlich dominierten Unterneh­menskultur erfolgreich sein und also auch mit männlichen Kollegen in den Ring steigen muss, ist sie fast gezwungen, sich männlichen Bewertungsmaßstäben anzupassen und tougher zu sein als die toughsten, rücksichtsloser zu konkurrieren als die am rücksichtslosesten Konkur­rierenden, härter im Nehmen zu sein als die im Nehmen härtesten männlichen Kollegen. Und dabei auch noch irgendwie ihr Weibliches zu bewahren - denn sonst kann sie sicher sein, mindestens hinter ihrem Rücken als unerotisches Mannweib kritisiert zu werden, von Män­nern wie von Frauen.

In diesem fast unmöglichen Versuch opfert frau unter Umständen das Wertvollste in sich, nämlich die eigene Fraulichkeit. Es gibt sogar Seminare, in denen frau angeblich lernt das zu tun. Sie heißen zum Beispiel ‚Arroganz-Seminare‘, in der oberflächlich nicht vollkommen abwegigen Annahme, dass es vor allem das ist, was Männer Frauen voraushaben. Das Opfer opfert sich, das ist die ultimative Ironie. Frauliche Stärken sind aber in Wirklichkeit gottgegeben, und unersetzlich, und sie können von Männern nicht stellvertretend übernom­men werden:

Beziehungen und gegenseitige Abhängigkeiten wichtig nehmen und würdigen, dies in vertrauensvolle Kooperation umsetzen, mehr an Ergebnissen als an Statusgewinn interessiert sein.

Und so weiter. Ich sage dies jetzt mit aller gebotenen Vorsicht und Nach­drücklichkeit, als Mann, der aus ganz egoistischen Gründen Freude daran hat, und darauf angewiesen ist, mit starken Frauen zusammenzuarbeiten:

Frau kann nur daran interessiert sein, als die, die sie ist, ohne sich zu begradigen, und ohne sich zu verbiegen, indem sie versucht sich zu begradigen, mit all ihrer Fraulichkeit in männlicher Tradition überkommene Führungskulturen zu verän­dern – damit das Ganze ganzer wird.

Wir brauchen das ganz dringend. Und wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass dies mit Programmen zur Förderung weiblichen Führungsnachwuchses nicht im Geringsten getan ist. Es läuft nämlich hinaus auf, und ist nicht erfüllbar ohne, eine Transformation unserer öffentli­chen Arenen – insbesondere der in Organisationen und Unternehmen. Das ist ein Langzeit­projekt.

Für jede Frau, die aktiven Anteil an dieser Transformation nehmen will – ohne solche mutigen Frauen geht es nicht –, bedeutet das, sich persönlich wieder mit dem zu verbinden, das sie abspaltet, also mit ihrer Opfererfahrung. Von dort aus beginnt sie in ihrer Rolle die Heldinnenreise in die öffentlichen Räume. Ich hatte das schon erwähnt: der Anstoß zur Ver­änderung von Beziehungen muss leider immer von der Partei kommen, die mehr unter dem Status Quo leidet. Für die andere, für die privilegiertere ranghöhere Partei, ist ja die Welt einfach in Ordnung. Normal eben.

 

All dies und noch viel mehr steht natürlich in Tough Love.

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Im vierten und abschließenden Teil dieser Blogreihe geht es dann um den dramatischen Höhepunkt … 

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